Erweiterung Windpark Hausfirste im Kaufunger Wald

Am Donnerstag 25.01.2018 war in den beiden Zeitungen des Werra.Meißner-Kreises zu lesen, dass das Energieversorgungs-unternehmen Entega den Bau von weiteren 5 Windkraftanlagen in der Kernzone des Kaufunger Waldes plant, zusätzlich zu den hier bereits in der Zeit von Oktober 2015 bis Anfang 2017 errichteten 10 Anlagen vom Typ Enercon E-115.
https://www.hna.de/lokales/witzenhausen/erweiterung-von-windpark-hausfirste-bei-grossalmerode-geplant-9554572.html

Im Internet findet sich unter https://ausschreibungen-deutschland.de/373643_Realisierung_eines_Windparks_mit_4-5_Windenergieanlagen_in_Hessen_im_Kaufunger_Wald_-Hausfirste_2017_Darmstadt bereits die “Realisierung eines Windparks mit 4-5 Windenergieanlagen in Hessen im Kaufunger Wald -Hausfirste II. Referenznummer der Bekanntmachung: WEA_Hausfirste II” ausgeschrieben.

Die bisher an der Hausfirste errichteten Windkraftanlagen stehen im FFH – Gebiet 4825-302 Werra- und Wehretal. Für dieses FFH-Gebiet wird unter "Erhaltungsziele der Arten nach Anhang II FFH-Richtlinie" genannt Lynx lynx Europäischer Luchs mit dem Ziel : "Erhaltung von großen unzerschnittenen Wäldern".

Dieses Erhaltungsziel scheint durch den Bau riesiger Windparks in der Kernzone des Luchslebensraum massiv konterkariert zu werden.

Für den Bau der Windkraftanlagen werden Waldflächen in erheblichem Umfange in Anspruch genommen:

Rodung für Anlagenfundament (~621 m²), Kranstellfäche (1150 m²), Montage- und Lagerfläche (~850 m² - nur während der Bauphase), insgesamt Rodungsfläche 3200 m².

Rodungen für Fahrwege (Verbreiterung auf 4,50 m, Zuwegungen, Schwenkbereiche).

Dauerhafte Erschließung abgelegener Waldgebiete durch ein dichtes, ganzjährig mit Schwerlasttransporten befahrbares Wegesystem.

Außerdem dauerhaft Lärm- und Lichtemissionen durch den Betrieb.

Zeitgleich mit dem Baubeginn des Windparks Hausfriste (ab Herbst 2015 - vorbereitende Arbeiten schon früher) kam es zu einem Sterben zahlreicher (bis zu acht) Luchse im Kaufunger Wald an Räude, die in den Lehrbüchern der Veterinärmedizin der Wildtiere als Stresskrankeit bezeichnet wird.

Außerdem ist bekannt, dass der Bau von Windparks im Wald für Jahre massive Auswirkungen auf die Raumnutzung von anderen Wildarten (Rothirsch; Europäisches Reh) im Sinne eines Vertreibungseffekts hat. Besonders das Reh ist aber das Hauptbeutetier des Luchses. Damit muss die Vertreibung der Hauptbeutetiere massive, negative Auswirkungen auf die Luchse haben (s. Veröffentlichungen u.a. von Petrak 2016).

Auch wenn das Zusammentreffen des Luchssterbens mit dem Baubeginn Hausfirste zunächst nur ein zeitlicher Zusammenhang ist, so scheint es doch nach meiner Einschätzung etwas naiv zu glauben, der zeitgleiche Betrieb von zehn (und mehr) Großbaustellen im Kernlebensraum und Reproduktionsraum der Luchse bleibe ohne Auswirkung auf die Luchspopulation!

Leider ist von diesen Lebensraumzerstörungen die einzige deutsche Luchspopulation betroffen, die nicht direkten Aussetzungen entstammt, sondern durch Zuwanderung entstanden ist. Seit 2009 konnte in der nordosthessichen Luchspopulation bis zum Katastrophenjahr 2015/2016 regelmäßig Reproduktion (in Freiheit geborene Jungtiere) beobachtet werden.

Besonders bedrohlich ist, dass im Luchslebensraum im Naturraum Kaufunger Wald auch der Windpark Kreuzstein (8 Anlagen) errichtet wurde. Die Bauarbeiten an diesem Windpark schlossen praktisch unmittelbar an den Bau auf der Hausfriste an, sodaß seit Oktober 2015 fast ununterbrochener Großbaustellenbetrieb im Kaufunger Wald herrscht. Wenn jetzt die neuen fünf Anlagen an der Hausfirste errichtet werden sollten, geht der Baubetrieb nahtlos weiter, mit einer Erholung der Luchspopulation im Kaufunger Wald ist dann wohl nicht mehr zu rechnen.

Im Gutsbezirk Kaufunger Wald sind ca. 625 Hektar Wald im Lebensraum der Luchse für den Bau von Windparks vorgesehen (das sind ca. 12,5% der Gesamtfläche dieses Waldes). Dies erscheint als ein unangemessen hoher Anteil.

Nachdem wohl während der Bauphase der ersten 10 Windkraftanlagen auf der Hausfirste keine besonderen Maßnahmen zum Schutz der Luchse für notwendig gehalten wurden (Schutz der Aufzuchtgebiete, Beutetiermanagement usw.), darf dies so nicht weitergehen, sollen die Luchse im Kaufunger Wald eine Überlebenschance haben. 


Darüber hinaus leben im Kaufunger Wald zahlreiche weite Tierarten, die von der Erweiterung des Windparks Hausfirste erneut schwer getroffen würden. Als Beispiel seien nur Schwarzstroch, Rotmilan und Waldschnepfe genannt. Von der erneuten, weitreichenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Erholungsfunktion des Waldes einmal ganz abgesehen.

Beim Europäischen Parlament in Brüssel und beim Hessischen Landtag in Wiesbaden wurde eine Petition zum Schutz der Luchse und des FFH - Gebiets vor der Lebensraumzerstörungen durch Windkraftindustriegebiete im Wald eingereicht.

Auch wenn es bereits Stimmen gibt, die den Kaufunger Wald schon jetzt für ein an die Windkraftindustrie verlorenes Waldgebiet halten, sollten die Bemühungen um den Schutz dieses Waldes nicht nachlassen.

Auch in anderen Wäldern Nordhessens, in denen Luchse leben, etwa im Stölzinger Gebirge zwischen Waldkappel, Spangenberg und Bebra ist die Errichtung von großen Windkraftindustriegebeiten im Wald geplant.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jörg Brauneis
Diesen Beitrag teilen