Das OVG Rheinland-Pfalz hat in der nachstehenden Pressemitteilung den gestern verhängten und heute ausführlich bestätigten Rodungsstopp am Hunsrücker Ranzenkopf begründet.
Pressemitteilung Nr. 11/2016OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ
Rodungsarbeiten für Windenergieanlagen weiter gestoppt
Die Rodungsarbeiten für die geplante Errichtung von Windenergieanlagen im Landkreis Bernkastel-Wittlich dürfen weiterhin nicht fortgesetzt werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz heute in Koblenz, das bereits gestern einstweilen – durch eine Zwischenverfügung – die Rodungsarbeiten während des laufenden Eilrechtsschutzverfahrens gestoppt hatte. Erlaubt sind lediglich Aufräumarbeiten auf den bereits gerodeten Flächen.
Der Landkreis Bernkastel-Wittlich hatte zugunsten der beigeladenen Firma mit sofort vollziehbaren Bescheiden vom 29. Februar 2016 den vorzeitigen Beginn der Errichtung von sieben bzw. elf Windenergieanlagen und damit insbesondere die Durchführung von Rodungsarbeiten – befristet bis 6. März 2016 – zugelassen. Hiergegen erhob der Naturschutzbund Deutschland (NABU) Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht Eilrechtsschutz. Dieses lehnte die Eilanträge ab (vgl. Pressemitteilung des VG Trier Nr. 9/2016). Auf die Beschwerde des NABU gab das Oberverwaltungsgericht – nachdem es bereits gestern die Rodungsarbeiten durch eine Zwischenverfügung gestoppt hatte (vgl. Pressemitteilung Nr. 10/2016) – dem Eilantrag statt, so dass die Rodungsarbeiten weiterhin nicht fortgesetzt werden dürfen.
Der Eilantrag sei zulässig. Es spreche entgegen der Auffassung der Vorinstanz Überwiegendes dafür, die Antragsbefugnis des NABU nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz zu bejahen. Auch wenn die Zulassung des vorzeitigen Beginns der genehmigungsbedürftigen Anlage die eigentliche Zulassungsentscheidung weder ersetze noch vorwegnehme, könne der Vorhabenträger auf ihrer Grundlage nämlich mit einer teilweisen Realisierung des Vorhabens beginnen. Der Eilantrag habe auch in der Sache Erfolg. Aufgrund der außerordentlichen Dringlichkeit und Kurzfristigkeit der zu treffenden Entscheidung könne die Rechtmäßigkeit der Zulassung des vorzeitigen Beginns derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die danach im vorliegenden Eilverfahren gebotene Interessenabwägung falle zugunsten des Aussetzungsinteresses des NABU aus: Es bestünden hinreichende Anhaltspunkte für artenschutzfachliche Bedenken gegen die Fortsetzung der zugelassenen Rodungsarbeiten, insbesondere im Hinblick auf streng geschützte Fledermausarten. Denn nach Angaben der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord als Obere Naturschutzbehörde wiesen die vom Gutachter der Beigeladenen vorgenommenen artenschutzfachlichen Untersuchungen zumindest in Bezug auf eventuelle Vorkommen von geschützten Fledermausarten erhebliche Defizite auf. Bei einer Fortsetzung der mit den angefochtenen Bescheiden zugelassenen Rodungsarbeiten drohe daher die Schaffung vollendeter Tatsachen hinsichtlich dieser Fledermausarten. Das Interesse, dies zu verhindern, sei höher zu gewichten als das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einem sofortigen Beginn der Maßnahme. Zwar werde sich die Verwirklichung des Vorhabens erheblich verzögern, weil Rodungsarbeiten voraussichtlich – mit Rücksicht auf brütende Vögel – erst wieder im Spätherbst zulässig sein werden, so dass der Stopp der Rodungsarbeiten mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen für die Beigeladene verbunden sein könne. Jedoch sei die gegenwärtige Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich auf den zeitlichen Ablauf des Verwaltungsverfahrens zurückzuführen, in dem fortlaufend noch Ergänzungen der Antragsunterlagen der Beigeladenen erforderlich gewesen seien, ohne dass die Bedenken der Oberen Naturschutzbehörde ausgeräumt worden wären. Letztlich verwirkliche sich daher mit den negativen wirtschaftlichen Folgen durch den Rodungsstopp ein Risiko, das die Beigeladene als Vorhabenträgerin und Auftraggeberin der artenschutzfachlichen Begutachtungen selbst wesentlich mit zu verantworten habe.